Alter versus Verlust der Muskelkraft?

Armin Kistler Samstag, 20. Februar 2021 von Armin Kistler

Ein nicht beabsichtigter, altersbedingter Verlust der Skelettmuskulatur (Sarkopenie) und der damit verbundenen Abnahme der Körperkraft steht jedem von uns bevor!

Ausgangslage

Wörtlich bedeutet Sarkopenie „Fleischmangel“, gemeint ist der übermässige Abbau von Muskelmasse und -funktion. Zwar tritt dieser mit zunehmendem Alter häufig auf, ist aber kein unabwendbares Schicksal.

Auch wenn schwindende Muskeln im Alter teilweise physiologisch sind, so gilt das nur in bestimmten Grenzen. Experten sind sich allerdings noch uneins, wo diese Grenzen liegen. Auf alle Fälle ist die frühere Definition, die nur von der Muskelmasse ausging, heute obsolet. Mittlerweile berücksichtigt die ICD-10-Kodierung M62.50 den wesentlicheren Punkt: Was kann der Betroffene mit der Muskelmasse anfangen? Die Funktionalität – Kraft und Beweglichkeit – spielt also eine erhebliche Rolle. Und daran kann man arbeiten.

Die Ausprägung des Schweregrades hängt aber deutlich vom Gesundheitszustand, der körperlichen Aktivität und der Ernährung ab. Ebenso ändert sich mit zunehmendem Alter die Körperzusammensetzung. Der Körperfettanteil nimmt zu und der Anteil der fettfreien Körpermasse (Muskulatur) verringert sich.

Mit zunehmendem Alter nimmt die Muskelmasse in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht ab. Bereits ab dem 25. Lebensjahr beginnt der Muskelfaserverlust, welcher mit zunehmendem Alter immer mehr ansteigt. Bis zum 50. Lebensjahr sind etwa 10% der ursprünglichen Muskelmasse verloren gegangen. Mit 80 Jahren sind gar nur noch ca. 50% vorhanden.

Es zeigen sich auch regionale Unterschiede am Körper. Zwischen dem 50. und dem 65. Altersjahr nimmt bei Frauen die Kraft des Oberkörpers um rund 20%, die Kraft der unteren Extremität um rund 40% ab. Im Klartext nimmt die Kraft der Beine deutlich schneller ab als die Kraft der Arme.

Folgen

Die verminderte Masse an Muskulatur ist mit einer Einschränkung der funktionellen Möglichkeiten und einer zunehmenden Behinderung einhergehend. Dies kann zu einer eingeschränkten Mobilität und so zu vermehrten Stürzen und Frakturen führen. Durch die fehlende Bewegung und Belastung steigt auch das Risiko Osteoporose zu bekommen, also dass die Knochen brüchiger werden.

Stürze und damit einhergehende Frakturen verursachen oft einen Spitalaufenthalt mit entsprechender Bettlägerigkeit, die wiederum den Abbau der Muskelmasse fördern. Auch nach dem Spitalaufenthalt sind die Bewegungseinschränkungen noch vorhanden und schränken die Selbständigkeit der betroffenen Menschen ein. Diese werden dadurch abhängiger von der Hilfe anderer und schliesst diese dadurch schlussendlich von der sozialen Teilhabe aus und macht einsamer. Ev. muss dadurch gar der eigene Haushalt aufgegeben werden. Also ein Teufelskreis. Dies muss nicht sein!

Lösungsansätze

„Alle Teile des Körpers, die eine Funktion haben, werden gesund, wohl entwickelt und altern langsamer, sofern sie im Mass gebraucht werden und in Arbeit geübt werden, an die man gewohnt ist. Wenn sie aber nicht benutzt werden und träge sind, neigen sie zur Krankheit, wachsen fehlerhaft und altern schnell“ – Diese Aussage machte Hippokrates, der ca. 400 Jahre v. Chr. gelebt hat.

Dies bedeutet: Die einfachste als auch wirkungsvollste Massnahme ist ein ausreichendes körperliches Training (in Arbeit geübt werden). Je früher damit begonnen wird, desto grösser ist der Vorsprung und desto mehr kann ich für mein Alter „retten“.

Aber auch bei älteren und schwächeren Menschen wirkt körperliche Aktivität in Form von Krafttraining dem Muskelabbau entgegen, resp. erhöht die Muskelmasse (1) und verbessert bei entsprechenden Gleichgewichtsübungen auch deutlich funktionelle Bewegungen und Abläufe. Dies wiederum bedeutet eine höhere Alltagskompetenz, mehr Selbständigkeit, die Möglichkeit zur sozialen Teilhabe und damit schlussendlich eine höhere Lebensqualität zu haben. Gesundheits- und Fitnessabnieter mit entsprechend fachlich ausgebildeten Mitarbeiter*innen helfen Ihnen gerne dabei.

Und zum Schluss noch dies: „Niemals ist Dir ein Wunsch gegeben, ohne die Möglichkeit, ihn zu erreichen. Es kann aber sein, dass Du Dich anstrengen musst!“ - Richard Bach (amerik. Schriftsteller)

(1) Maria A. Fiatarone, MD; Elizabeth C. Marks, MS; Nancy D. Ryan, DT; et al – „Hochintensives Krafttraining bei Nonagenarians (über 90-jährigen): Auswirkungen auf die Skelettmuskulatur“ Zehn gebrechliche, institutionalisierte Freiwillige im Alter von 90 ± 1 Jahren absolvierten 8 Wochen intensives Widerstandstraining. Der durchschnittliche Kraftzuwachs betrug 174% ± 31% (Mittelwert ± SEM) bei den 9 Probanden, die das Training abgeschlossen hatten. Der Muskelbereich in der Mitte des Oberschenkels nahm um 9,0% ± 4,5% zu. Die mittlere Tandemganggeschwindigkeit verbesserte sich nach dem Training um 48%. Wir kommen zu dem Schluss, dass Krafttraining mit hohem Widerstand bei gebrechlichen Bewohnern von Pflegeheimen bis zum Alter von 96 Jahren zu erheblichen Zuwächsen bei Muskelkraft, Größe und funktioneller Mobilität führt. (JAMA. 1990; 263: 3029-3034)